Wahlprüfsteine

Bundestagswahl am 26. September 2021

Wir haben Wahlprüfsteine an alle demokratischen Parteien, die aktuell im Bundestag vertreten sind, versandt. So haben sie geantwortet (vollständige Fragen und Antworten s.u.) :

Unsere Fragen

1. Wie stehen Sie zur grundsätzlichen Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen? Was werden Sie tun, damit ungewollt Schwangere das Recht auf einen legalen und sicheren Abbruch erhalten und Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr im Strafgesetzbuch geregelt werden?

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Alle Menschen müssen selbst über ihren Körper und ihr Leben entscheiden können. Eine gute Gesundheitsversorgung inklusive eines gesicherten Zugangs und umfassender Informationen zum Schwangerschaftsabbruch ist dafür notwendig. Die Entscheidung, ob eine Frau eine Schwangerschaft abbricht oder nicht, ist allein ihre. In dieser Zeit sind gute Beratungs- und Versorgungsstrukturen notwendig. Um die Versorgung dauerhaft zu gewährleisten, braucht es eine Entstigmatisierung und Entkriminalisierung von selbstbestimmten Abbrüchen sowie eine generelle Kostenübernahme. Das ist nur möglich, wenn der selbstbestimmte Schwangerschaftsabbruch nicht mehr im Strafgesetzbuch (§ 218 und § 219), sondern außerhalb geregelt wird.

CDU/CSU
CDU und CSU haben in Deutschland bereits vor vielen Jahren nach hartem Ringen einen gesellschaftlichen Grundkonsens in Bezug auf den Schutz des ungeborenen Lebens und den Umgang mit Schwangerschaftsabbrüchen gefunden, der einen hoch emotionalen Konflikt befriedet hat. Daran wollen wir festhalten. CDU und CSU bekennen sich klar zum Schutz des ungeborenen Lebens.

DIE LINKE
DIE LINKE setzt sich für einen legalen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen ein. Die Paragrafen 218 bis 219 b Strafgesetzbuch (StGB) wollen wir streichen. Schwangerschaftsabbrüche sind Teil der Gesundheitsversorgung und müssen wie andere medizinische Leistungen geregelt werden.

FDP
Die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen wird von der Rechtsordnung unter den Bedingungen der §§ 218a ff. StGB toleriert. Dieser Kompromiss ist das Ergebnis einer langen gesellschaftlichen Diskussion und sollte aus Sicht der Freien Demokraten in seiner Grundkonstruktion auch nicht angetastet werden. Wenn für die betroffene Frau feststeht, dass sie das Kind nicht bekommen möchte, muss es ihr innerhalb der gesetzlichen Frist auch möglich sein, diese Entscheidung umzusetzen. Hierzu ist es wichtig, dass Ärztinnen und Ärzte verlässliche Regeln haben, wie sie informieren dürfen und Frauen ein flächendeckendes und objektives Beratungsnetzwerk sowie Einrichtungen, die einen Abbruch vornehmen, zur Verfügung stehen.

SPD

Das Recht von Frauen auf reproduktive und sexuelle Selbstbestimmung muss gewahrt werden. Wir wollen daher einen freien und einfachen Zugang zu sachlichen medizinischen Informationen über Schwangerschaftsabbrüche gewährleisten. Gerade bei einer ungewollten Schwangerschaft müssen schon früh Informationen für die Betroffene bereitstehen, um selbstbestimmte Entscheidungen treffen zu können.
Schwangerschaftskonflikte belasten betroffene Frauen – eine zusätzliche Belastung durch strafrechtliche Stigmatisierung wollen wir verhindern. In Hinblick auf die Paragraphen 218 ff. fest: Schwangerschaftskonflikte gehören nicht ins Strafrecht. Es ist an der Zeit, eine gesellschaftspolitische Debatte über die Alternativen zu führen.

2. Wie stehen Sie zum § 219a StGB? Was werden Sie tun, um Ärztinnen die Möglichkeit zu geben, Informationen über Schwangerschaftsabbrüche für ihre Patient*innen auch online bereitzustellen? Was werden Sie tun, um Ärzt*innen vor Klagen wegen 219a StGB zu schützen?

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Ungewollt Schwangere brauchen schnelle und verlässliche Informationen. Sie müssen wissen, welche Ärztinnen in ihrem Umfeld Schwangerschaftsabbrüche durchführen und welche Methoden verwendet werden. Der Paragraf 219a StGB stellt selbst die reine Information über konkrete medizinische Leistungen unter Strafe. Um Ärztinnen vor drohenden Anzeigen zu schützen, gilt es insbesondere den § 219a schnellstmöglich aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.

CDU/CSU
CDU und CSU haben mit der Reform des § 219a StGB einen Kompromiss gefunden, der einerseits Werbung für Abtreibungen verbietet und andererseits eine neutrale Informationsmöglichkeit für schwangere Frauen bietet. Ärztinnen und Ärzte, die über Schwangerschaftsabbrüche neutrale Informationen geben, dürfen nicht kriminalisiert werden. Werben damit dürfen sie jedoch nicht.
Mit der Möglichkeit, während der Corona-Situation Schwangerschafts-(konflikt)beratung zum Beispiel online oder per Telefon durchführen zu können, sind zusätzliche Strukturen und Kommunikationswege für die Beratung schwangerer Frauen geschaffen worden. Da die Zuständigkeit für die Durchführung der Schwangerschaftskonfliktberatung nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz bei den Ländern liegt, können nur diese entscheiden, ob sie entsprechende Formate auch in Zukunft ermöglichen wollen. Wir werden die Diskussion darüber offen begleiten.

DIE LINKE
DIE LINKE setzt sich für die ersatzlose Streichung des § 219a StGB ein. Laufende Verfahren nach § 219a StGB müssen umgehend eingestellt werden. Die Bereitstellung von Informationen darf zudem nicht zu Belästigung von selbsternannten "Lebensschützern" führen. Die Gesundheitsversorgung von schwangeren Personen muss in allen Bereichen vor weltanschaulicher oder schlicht aggressiver Beeinflussung geschützt werden.

FDP
Wir Freie Demokraten fordern, Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs (StGB) ersatzlos zu streichen. Ein Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland nach der Maßgabe der Paragrafen 218 ff. StGB straffrei. Die sachliche Information darüber kann daher kein strafbares Unrecht sein. Frauen sind vielmehr in einer schwierigen Lage auf genau diese Informationen angewiesen, um schnell Zugang zu einer seriösen Beratung gerade durch Ärztinnen und Ärzte zu erhalten, die den Eingriff selbst anbieten. Es ist wichtig, dass Ärztinnen und Ärzte verlässliche Regeln haben, wie sie informieren dürfen und Frauen ein flächendeckendes und objektives Beratungsnetzwerk zur Verfügung steht. Eine Konfliktberatung soll auch online durchgeführt werden können.

SPD
Die Verurteilung von Ärztinnen auf Grundlage des § 219a StGB macht deutlich, dass die erhoffte Rechtssicherheit durch die Reform im Jahr 2019 nicht eingetreten ist. Durch die Reform sollte es Ärztinnen möglich gemacht werden, öffentlich ohne Risiko der Strafverfolgung über die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen zu informieren. Erforderlich ist daher die Streichung des § 219a aus dem Strafgesetzbuch.

3. Was werden Sie tun, damit die Versorgung mit Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, bundesweit gewährleistet ist und diese Eingriffe in mehr Kliniken (in freier Trägerschaft) möglich werden? Was dürfte die maximal zumutbare Entfernung zwischen Wohnort und einer solchen Klinik sein?

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Wir GRÜNE werden uns dafür einsetzen, dass die Bundesregierung erhebt, wie viele Ärzt*innen bzw. Einrichtungen benötigt werden, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Damit sich die Versorgungslage in den Ländern verbessert, wollen wir prüfen, ob dies über eine Ergänzung des SchKG um eine genauere Definition des Versorgungsauftrags der Länder erreicht werden kann. Hierzu gehört auch, den Sicherstellungsauftrag der Länder für die Krankenhausversorgung bezogen auf Angebote zum Schwangerschaftsabbruch in Krankenhäusern verschiedener Träger durchzusetzen. Das Bundesgesundheitsministerium und die Länder müssen auf Verbesserung der Aus-, Weiterbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten zum Schwangerschaftsabbruch hinwirken. Ziel muss sein, dass wir eine gute Gesundheitsversorgung beim Schwangerschaftsabbruch im gesamten Bundesgebiet erreichen, sodass Personen, die einen Abbruch brauchen wohnortnah und ohne große Hürden eine Praxis oder Klinik aufsuchen können, wo ein Abbruch durchgeführt werden kann.

CDU/CSU
CDU und CSU wollen sicherstellen, dass es ein ausreichendes Angebot an Praxen und ausreichend gut ausgebildeten Ärztinnen und Ärzte gibt, die den medizinischen Eingriff durchführen können. Ärzte, die über Schwangerschaftsabbrüche informieren oder diese durchführen, dürfen nicht kriminalisiert werden. Insofern fühlen wir uns auch verpflichtet, das ordnungsgemäße Funktionieren und den Zugang zu den bestehenden Praxen zu garantieren.

DIE LINKE
Damit Menschen im Falle gewollter oder ungewollter Schwangerschaft professionelle Unterstützung erfahren können, wollen wir eine dichte Beratungsstellenlandschaft. Der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen muss wohnortnah und barrierefrei möglich sein. Öffentliche Krankenhäuser müssen in ihrer Planung dafür sorgen, dass die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen gesichert ist. Schwangerschaftsabbrüche sind Teil der Gesundheitsversorgung und müssen wie andere medizinische Leistungen geregelt werden. Die nötige fachliche Ausbildung dafür muss zum Teil des Medizinstudiums werden.

FDP
Wir Freie Demokraten setzen uns für einen umfänglichen und sicheren Zugang ein. Es ist aus unserer Sicht wichtig, dass Ärztinnen und Ärzte verlässliche Regeln haben, wie sie informieren dürfen, und dass Frauen ein flächendeckendes und objektives Beratungsnetzwerk zur Verfügung steht. Dafür fordern wir die Streichung des Paragraphen 219a Strafgesetzbuch. Zudem muss sichergestellt sein, dass die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen in der medizinischen Ausbildung eine entsprechende Rolle spielt. Dadurch wird eine gute medizinische Versorgung gewährleistet.

SPD
Frauen und Paare, die sich in einer Konfliktsituation für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, brauchen Zugang zu einer wohnortnahen, guten medizinischen Versorgung – das gilt ambulant wie stationär. Deshalb müssen Länder und Kommunen dafür sorgen, dass alle Krankenhäuser, die öffentliche Mittel erhalten, Schwangerschaftsabbrüche anbieten.

4. Was werden Sie tun, damit sich die medizinische Versorgung hinsichtlich des Ablaufs und der Methoden eines Schwangerschaftsabbruchs in Deutschland an internationale medizinische Standards annähert? (Weiterbildungsordnung für Fachärzt*innen, Entwicklung einer Leitlinie Schwangerschaftsabbruch usw.)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Wir GRÜNE streiten für eine ausreichende und wohnortnahe Versorgung mit Ärztinnen, Praxen und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Das Thema muss in die Ausbildung von Ärztinnen nach international anerkannten Standards integriert werden. In Deutschland führen viele Ärzt*innen nur operative Abbrüche in Vollnarkose durch. Viele ungewollt Schwangere können daher die Methode des Abbruchs nicht frei wählen. Das Bundesgesundheitsministerium und die Länder müssen auf Verbesserung der Aus-, Weiterbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten zum Schwangerschaftsabbruch hinwirken.

CDU/CSU
Das Bundesministerium für Gesundheit und die Bundesärztekammer haben gemeinsam ein Konzept zur Fortentwicklung der Qualifizierung von Ärztinnen und Ärzten, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, erstellt. Dieses enthält verschiedene Maßnahmen, die die bereits qualitativ gute Versorgung der betroffenen Frauen noch weiter fortentwickeln sollen. Bei der Erstellung des Konzepts ist deutlich geworden, dass Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, bereits heute über die erforderlichen Kompetenzen verfügen und eine qualitativ gute Versorgung gewährleisten.

DIE LINKE
DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass Schwangerschaftsabbrüche und deren Nachsorge entsprechend des wissenschaftlichen Stands in Studium, Ausbildung und Weiterbildung des medizinischen und pflegerischen Personals verankert werden.

FDP
Es muss sichergestellt sein, dass die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen in der medizinischen Ausbildung eine ausreichende Rolle spielt; hier sehen wir Verbesserungsmöglichkeiten.

SPD
Ein entsprechendes Leitlinienvorhaben „Sicherer Schwangerschaftsabbruch“ unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. gibt es bereits. Ziel ist die Darstellung der medizinischen Grundlagen und der wissenschaftlichen Evidenz zu Methoden und Indikationen sowie zur Beratung der Betroffenen, zur Durchführung, Methodenwahl, Versorgung und Überwachung beim Schwangerschaftsabbruch bis zur 12 Schwangerschaftswoche. Daran werden sich auch entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote für Ärztinnen und Ärzte ausrichten. Das Bundesministerium für Gesundheit und die Bundesärztekammer haben ein Konzept zur Fortentwicklung der Qualifizierung von Ärztinnen und Ärzten, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, erstellt. Die SPD wird auf die Umsetzung und gegebenenfalls Fortentwicklung dieses Konzeptes hinwirken.

5. Was werden Sie tun, damit es bundesweit ausreichend Beratungsstellen gibt, die auch den für einen Abbruch notwendigen Beratungsschein ausstellen? (Vgl.: in Baden-Württemberg bspw. stellen nur 60 Prozent der Beratungsstellen einen Beratungsschein aus.)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Ein dichtes Netz an Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Familienplanungszentren ist wichtig, denn sie leisten weitaus mehr, als die verpflichtende Schwangerschaftskonfliktberatung. Wir GRÜNE wollen prüfen, ob über eine Ergänzung des SchKG eine genauere Definition des Versorgungsauftrags der Länder erreicht werden kann. Wichtig ist, dass die Länder die plurale Infrastruktur der Beratungsstellen im Rahmen dieses Gesetzes bedarfsgerecht erhalten und ausbauen. Bund und Länder müssen in Zusammenarbeit ermitteln, welches Angebot an Beratungsstellen ausreichend ist. Ziel muss es sein, dass ein regional dichtes Beratungsnetz bestehen bleibt und Beratungsstellen staatlich so finanziert werden, dass alle Beratungsangebote kostenfrei in Anspruch genommen werden können. Neben der professionellen medizinischen Versorgung sind gute Beratungsangebote wichtig. Deshalb werden wir das breite Angebot an Familienplanungs- und Beratungsstellen absichern und die freiwilligen Beratungsangebote ausbauen.

CDU/CSU
CDU und CSU wollen sicherstellen, dass es ein ausreichendes Angebot an Praxen und ausreichend gut ausgebildeten Ärztinnen und Ärzte gibt, die den medizinischen Eingriff durchführen können. Ärzte, die über Schwangerschaftsabbrüche informieren oder diese durchführen, dürfen nicht kriminalisiert werden. Insofern fühlen wir uns auch verpflichtet, das ordnungsgemäße Funktionieren und den Zugang zu den bestehenden Praxen zu garantieren.

DIE LINKE
DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass an die Stelle der Beratungspflicht ein Beratungsrecht tritt, es also nicht mehr die Notwendigkeit eines Beratungsscheins für einen Abbruch gibt, sondern eine Beratung nur auf Wunsch in Anspruch genommen werden kann. Dieses Recht soll durch eine flächendeckende Finanzierung der Beratungsstellen abgesichert werden. Außerdem soll eine einheitliche Zertifizierung eingeführt werden, die diejenigen Beratungsstellen bekommen, die die Beratung nach professionellen Standards, sachbezogen und wissenschaftsbasiert anbieten, und an die die Finanzierung gebunden ist.

FDP
Keine Frau, die sich in einer schwierigen Lage und Ausnahmesituation die Frage stellt, ob sie ein Kind austragen möchte oder nicht, wird sich diese Entscheidung leichtmachen. Umso wichtiger ist es, dass Ärztinnen und Ärzte verlässliche Regeln haben, wie sie informieren dürfen und Frauen ein flächendeckendes und objektives Beratungsnetzwerk zur Verfügung steht. Wir wollen hier den Zugang zu Beratungsstellen erleichtern, die sich nicht in ihrer unmittelbaren Umgebung befinden, indem wir die Beratung auch zukünftig online erlauben wollen. 

SPD
Die SPD sieht eine solche Entwicklung mit Sorge. Auf der Grundlage des Schwangerschaftskonfliktgesetzes ist es Aufgabe der Länder, ein ausreichendes plurales und wohnortnahes Angebot an Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sicherzustellen. Es ist nicht hinnehmbar, wenn öffentlich geförderte Beratungsstellen den Beratungsschein und damit die gesetzlich vorgesehene Schwangerschaftskonfliktberatung verweigern. Die öffentliche Förderung von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sollte an das Ausstellen des Beratungsscheins geknüpft sein. Die SPD wird Handlungsbedarf prüfen. Es muss immer und überall gewährleistet sein, dass Frauen alle gesetzlichen Fristen einhalten können.

6. Was werden Sie gegen Gehsteigbelästigung und der s.g. “Mahnwachen” von Abtreibungsgegner*innen vor Beratungsstellen und Praxen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, unternehmen?

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Schwangere, die eine Beratung aufsuchen, sowie die Beratungsstellen und Ärzt*innen müssen mit einem bundeseinheitlich verankerten Schutz vor Anfeindungen und Gehsteigbelästigungen geschützt werden.

CDU/CSU
Frauen dürfen nicht schon vor dem Betreten einer Beratungseinrichtung oder Praxis eingeschüchtert werden. Mögliche Verbotsmöglichkeiten wollen wir prüfen, die Einrichtung von Bannmeilen um Abtreibungsklinken und Beratungseinrichtungen ziehen wir mit Blick auf Art. 8 Grundgesetz nicht in Betracht.

DIE LINKE
Schwangere Personen in Konfliktsituationen haben das Recht, in Ruhe gelassen zu werden. Wir wollen, dass die Länder ein ausreichendes Angebot wohnortnaher und barrierefreier Beratungsstellen sicherstellen. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass ein sicherer, störungsfreier und anonymer Zugang zu Beratungsstellen und Einrichtungen der Gesundheitsversorgung sichergestellt ist.

FDP
Wir Freie Demokraten fordern seit langem die ersatzlose Streichung des § 219a StGB. Die Versuche der Großen Koalition, die Vorschrift anzupassen und dadurch zu entschärfen, sind fehlgeschlagen. Frauen werden sachliche Informationen weiterhin verwehrt. Hinzu kommt, dass viele Ärztinnen und Ärzte aus Angst vor öffentlicher Anfeindung von teils militanten Abtreibungsgegnern nicht öffentlich gelistet werden möchten. Dies ist nachvollziehbar, verschärft aber die Situation für Frauen, die unter emotionalem Druck nach seriöser Beratung suchen. Ein schneller, einfacher und ungehinderter Zugang zu seriöser Beratung und Information muss daher sichergestellt werden. Schutzzonen vor bestimmten Einrichtungen oder Auflagen etwa für sog. Mahnwachen können geeignete Mittel sein und sollten im Einzelfall in Erwägung gezogen werden. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kam in einer Reihe von Entscheidungen zu dem Ergebnis, dass Abtreibungsgegner die Grenzen ihrer Meinungsfreiheit überschritten haben.

SPD
Sogenannte „Gehsteigbelästigungen“ oder „Mahnwachen“ von fundamentalistischen Gegnerinnen reproduktiver Selbstbestimmung in unmittelbarer Nähe vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und ärztlichen Praxen setzen schwangere Frauen psychisch unter Druck und erschweren die Arbeit der Beratungsstellen und Arztpraxen. Schwangere haben ein Recht auf eine sachliche, anonyme und ungestörte Beratung. Das Vorgehen bei „Gehsteigbelästigungen“ verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Schwangeren – sie sollten ohne Belästigung eine Beratungsstelle oder Arztpraxis aufsuchen können. Gleichzeitig sollten auch Beraterinnen und Ärzt*innen ihren Beruf ungestört ausüben können. Um ein störungsfreies Beratungsangebot sicherzustellen, regen wir eine bundeseinheitliche gesetzliche Regelung zum Schutz von Hilfe suchenden Schwangeren an, die auch die Länder einbezieht.

7. Wie stehen Sie dazu, dass ungewollt Schwangere gezwungen sind, an einer Schwangerschaftskonfliktberatung teilzunehmen, um einen legalen Abbruch in Deutschland zu erhalten, auch wenn ihre Entscheidung feststeht und sie keine Beratung wünschen?

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Eine gute und kostenfreie Beratung kann sehr hilfreich für ungewollt Schwangere sein. Darum sollten dafür die Möglichkeit und das Angebot bestehen. Dass Frauen hierzu jedoch unter Strafandrohung verpflichtet sind, lehnen wir GRÜNE ab. Gute Beratung basiert auf Freiwilligkeit, nicht auf Zwang. Wir wollen aus der Pflicht zur Beratung ein Recht auf Beratung machen und das breite Angebot an Familienplanungs- und Beratungsstellen absichern und die freiwilligen Beratungsangebote ausbauen.

CDU/CSU
CDU und CSU halten an der Verpflichtung zu einer Beratung, die vor einem Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden muss, fest. Schwangerschaftsabbrüche sind eine Extremsituation für schwangere Frauen – häufig in einer existentiellen Notlage. Wir sind der Auffassung, dass Frauen in einer solchen Situation eine neutrale, medizinisch und rechtlich qualitätsgesicherte Beratung brauchen. Diese Beratung muss sowohl im Interesse der ungewollt schwangeren Frauen, aber insbesondere auch für das ungeborene Leben stattfinden und deshalb eine hohe Qualität haben. Für uns kommt es nicht in Frage, diese Schwangerschaftskonfliktberatung auszusetzen, die Teil des damals schwer errungenen gesellschaftlichen Konsenses über den Umgang mit dem ungeborenen Leben ist.

DIE LINKE
Schwangere Personen sind grundsätzlich in der Lage selbstständig über ihren Körper und ihre Schwangerschaft zu entscheiden. Als LINKE setzen wir uns für die Streichung des § 219 ein und somit für den Wegfall der Beratungspflicht. Wir fordern die Verankerung eines Rechts auf umfassende und auf Wunsch anonyme Beratung zu Fragen der Sexualität, Verhütung, Schwangerschaft und Familienplanung.

FDP
Die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen wird von der Rechtsordnung unter den Bedingungen der §§ 218a ff. StGB toleriert. Hierzu gehört auch die Beratung nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz. Dieser Kompromiss ist das Ergebnis einer langen gesellschaftlichen Diskussion und sollte aus Sicht der Freien Demokraten in seiner Grundkonstruktion auch nicht angetastet werden. Ein Verzicht auf eine verpflichtende Schwangerschaftskonfliktberatung dürfte auch mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil im Jahr 1993 aufgestellt hat, nur schwer in Einklang zu bringen sein, denn das Gericht hat darin einen integralen Bestandteil des Schutzkonzeptes zum Schutze des Embryos gesehen.

SPD
Schwangerschaftskonflikte belasten betroffene Frauen – eine zusätzliche Belastung durch strafrechtliche Stigmatisierung wollen wir verhindern. Paragraph 219a StGB schränkt Frauen nach wie vor zu stark in ihren Rechten ein. Daher wollen wir den Paragraphen 219a StGB ersatzlos streichen. Schwangere haben aber ein Recht auf eine sachliche, anonyme und ungestörte Beratung. Gerade bei einer ungewollten Schwangerschaft müssen schon früh Informationen für die Betroffene bereitstehen, um selbstbestimmte Entscheidungen treffen zu können. Die Beratung ist ergebnisoffen zu führen.

8. Würden Sie sich für eine einkommensunabhängige Kostenübernahme von Verhütungsmitteln und Schwangerschaftsbbrüchen nach Beratungsregelung einsetzen? Wenn ja, wie?

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Selbstbestimmte Familienplanung ist ein Menschenrecht. Zur Vermeidung ungewollter Schwangerschaften und der sexuellen Selbstbestimmung ist der Zugang zu Verhütungsmitteln elementar. In einem ersten Schritt müssen die Kosten für ärztlich verordnete Mittel zur Empfängnisverhütung für Empfänger*innen von staatlichen Transferleistungen und Geringverdiener*innen unbürokratisch übernommen werden. Perspektivisch soll der kostenfreie und leichte Zugang zu Verhütungsmitteln für alle gelten. Am einfachsten wäre es, diesen Zugang über die Krankenkassen zu regeln.

CDU/CSU
Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II) unterliegen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Seit 2019 übernehmen die Krankenkassen die Kosten für die Pille nunmehr zwei Jahre länger, bis zum 22. Geburtstag, soweit sie ärztlich verordnet werden. Aufwendungen für Verhütungsmittel sind bei Überschreiten dieser Altersgrenze aus den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu bestreiten und stellen in der Regel keinen atypischen Bedarf dar. Daher ist es auch sachgerecht, eine mögliche Leistungsinanspruchnahme altersmäßig zu begrenzen und für alle übrigen Versicherten dem Bereich der persönlichen Lebensführung zuzuordnen.

DIE LINKE
DIE LINKE fordert, dass sämtliche Verhütungsmethoden ausnahmslos von allen Krankenkassen bezahlt werden. Wir wollen die Verankerung von Schwangerschaftsabbrüchen und deren Nachsorge als Teil der Gesundheitsversorgung. Die Kostenübernahme für Schwangerschaftsabbrüche und deren Nachsorge soll perspektivisch durch die gesetzlichen Krankenkassen im SGB V geregelt werden. Die Länder sowie die Kassenärztlichen Vereinigungen haben dann entsprechend ihres gesetzlichen Auftrags eine flächendeckende stationäre und ambulante Versorgung der neuen GKV-Leistung sicherzustellen.

FDP
Wir Freie Demokraten setzen uns für einen qualitäts-, effizienz- und innovationssteigernden Wettbewerb unter den Kassen ein. Diese sollen ihren Versicherten freiwillig zusätzliche Leistungen anbieten können, wie beispielsweise die Kostenübernahme für Verhütungsmethoden über das 22. Lebensjahr hinaus.

SPD
In der Familienplanung müssen Menschen selbstbestimmte Entscheidungen treffen können – eigenständig, partnerschaftlich, und unabhängig vom Einkommen. Wir werden deshalb für einen kostenfreien Zugang zu Verhütungsmitteln sorgen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Einer einkommensunabhängigen Kostenübernahme für den Schwangerschaftsabbruch nach Beratungsregelung steht aktuell das geltende Strafrecht entgegen. Dazu wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.

Weitere Wahlhilfen:

Informativ sind auch die Wahlprüfsteine von profamilia, die Wahlprüfsteine von Doctors for Choice , der feministischen Wahl-O-Mat Wahltraut von Gleichberechtigung statt Blumen und die Forderungen des deutschen Juristinnenbundes zur Bundestagswahl. Frohes Wählen!

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